Echter Pioniergeist

Die Geschichte eines Mädchens, das Ende des 19. Jahrhunderts auf einer Baumwollplantage in den Südstaaten der USA aufwächst. Aus welcher Mottenkiste ist das denn? Könnte man denken. Doch dies ist kein verträumtes Mädchenbuch, das die gute alte Zeit beschwört. Denn die zwölfjährige Calpurnia interessiert sich nicht für Handarbeiten oder Teekränzchen. Nein, Calpurnia und Scarlett wären wahrscheinlich keine Freundinnen geworden.

Calpurnia ist ein schlaues Mädchen, das viel lieber die Tier- und Pflanzenwelt erforscht. Dies gefällt den Eltern immer weniger; die Lektüre eines gerade erschienenen Buches von einem gewissen Charles Darwin, wird ihr sogar verboten. Nur bei ihrem schrulligen Großvater findet sie Verständnis und Unterstützung.

Die Geschichte wird vom Verlag zwar als „einfühlsamer Mädchenroman“ bezeichnet, wozu auch die filigrane Coverillustration passt. Doch das trifft es nicht ausreichend. Denn Jaqueline Kelly gelingt es, das Leben und den Zeitgeist des Jahres 1899 so facettenreich zu beschreiben, dass es viel mehr ist: Die großen technischen und gesellschaftlichen Veränderungen dieser Epoche. Die Spaltung des Landes nach dem Bürgerkrieg. Die Rassentrennung. Calpurnias Neugier verkörpert die Zweifel an der Rechtmäßigkeit alter Denkweisen. Doch man spürt, dass diese Zweifel leider nur sehr leise widerhallen.

Jaqueline Kelly: „Calpurnias (r)evolutionäre Entdeckungen“. dtv Reihe Hanser, 9,95 Euro. Ab 12 Jahren

https://www.dtv.de/buch/jacqueline-kelly-calpurnias-r-evolutionaere-entdeckungen-62598/

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